LAIM-online Forum
28.04.2018 - 17:06 | Der OB macht auf Bürgernähe – oder ist es doch nur seine SPD im Wahlkampf?
eingetragen von Michael KrämerDa kommt man als steuerzahlender Bürger von der Arbeit nach Hause und findet im Briefkasten eine Postwurfsendung, adressiert an sämtliche Bürgerinnen und Bürger in unserem Haus – mit der Bitte um Zustellung an sämtliche Haushalte. Der Brief selbst stammt vom Münchner OB Dieter Reiter (SPD) und richtet sich an die lieben Bürgerinnen und Bürger in München-Laim. Diese (also uns alle) lädt er nun zu einer „Bürgersprechstunde“ vor Ort ein – in einer rollstuhlgerechten Realschul-Turnhalle. Die Veranstaltung, die wohl eher das Format einer Bürgerversammlung (nur ohne die anderen Parteien) haben dürfte, soll am
7.6.2018 von 18 bis 20 Uhr stattfinden.
Nun, der Termin ist perfekt gewählt: kurz nach den Pfingstferien und etwa vier Monate vor der Landtags- und Bezirkstagswahl, bei der die Partei unseres Oberbürgermeisters mehr als je zuvor um ihre zweistellige Präsenz auf der regionalen parlamentarischen Bühne kämpft.
Ich wohne seit dem Herbst 2013 in München-Laim und hätte mich in den Jahren 2014, 2015, 2016 oder 2017 (aber nach der Bundestagswahl!) über eine solche Bürgersprechstunde von Dieter Reiter in unserem Stadtteil gefreut – aber nicht im Frühsommer 2018 und im beginnenden Landtagswahlkampf.
Der OB möchte wissen, was uns auf den Nägeln brennt; so steht es in diesem Einladungsschreiben.
Mir brennen tatsächlich ein paar Dinge auf den Nägeln:
1.) Mir brennt eine Postwurfsendung auf Kosten der gebeutelten SteuerzahlerInnen auf den Nägeln.
2.) Mir brennt auf den Nägeln, dass Bayerns wichtigster und mächtigster SPD-Kommunalpolitiker sein Amt als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München nutzt, um seiner wahlkämpfenden SPD mal eben zur Hilfe zu eilen und sich als Kümmerer für die Belange der armen Laimerinnen und Laimer zu verkaufen.
3.) Mir brennt auch auf den Nägeln, dass die Turnhalle einer Realschule den Rahmen dieser PR-Veranstaltung des OBs bilden soll.
Nein, Herr Reiter, ich nehme Ihre Einladung nicht an; sie landet in der blauen Tonne und wird hoffentlich als gerollter Hygieneartikel eines Tages wieder den Weg in unseren Haushalt finden. Zum Glück gibt es noch ein paar ehrenamtliche Stadträte, deren Bürgersprechstunden ich auch in wahlkampffreien Zeiten nutzen kann – ganz ohne steuerfinanzierte Einladung oder Turnhalle. Aber vielleicht gibt es wegen der übergroßen Nachfrage und der begrenzten Plätze einen Folgetermin (nach der Landtagswahl); dann melde ich mich gerne an.
Michael Krämer
(Laimer Listenkandidat der Tierschutzpartei für den Landtag und den
Bezirkstag)
Landsberger Str. 205
80687 München
Telefon 089-12003173 / 0176-54321606
michael-kraemer@tierschutzpartei.de
www.bezirkstagskandidaten.de
Bürgerversammlung vor Ort
R.K. schrieb dazu am 02.05.2018 - 12:26Sehr geehrter Herr Krämer,
die Bürgersprechstunde vor Ort, zu der hier eingeladen wird, gibt es bereits seit über einem Jahr und hat seitdem schon mehrfach in verschiedenen Stadtteilen stattgefunden. Dass unser Stadtteil gerade jetzt dran ist, halte ich eher für Zufall als Wahlkampf (und hat vielleicht auch damit zu tun, dass es gerade jetzt in Laim viel Gesprächsstoff über Großprojekte in den nächsten Jahren gibt). Die Bürgersprechstunden mit dem OB selbst gab es übrigens schon vorher, damals aber nur im Rathaus - die hätten Sie also in den Jahren 2014 bis 2017 durchaus besuchen können. Ich persönlich halte ich es für begrüßenswert, wenn Politiker, denen man immer vorwirft, zu abgehoben und nicht nah genug am Volk zu sein, den Kontakt mit den Einwohnern suchen. Und ohne die schriftliche Einladung, die Sie ja auch kritisieren, hätte ich wohl nichts von der Veranstaltung erfahren (Sie als Politiker haben da sicher andere Quellen und sind darauf nicht angewiesen).
Dass Sie sich daran stören, dass diese Veranstaltung auch im Wahljahr (übrigens nicht der OB- oder Stadtratswahl, sondern der Landtagswahl) stattfindet, kann ich aus Ihrer Sicht als Kandidat einer anderen Partei nachvollziehen. Wie aber sollte man das anders gestalten? 2017 war Bundestagswahl, 2018 ist Landtagswahl, 2019 ist Europawahl, 2020 ist OB- und Stadtratswahl, ... und jedes Mal nimmt auch die SPD daran teil. Darf Dieter Reiter in all diesen Jahren nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern seiner Stadt sprechen? Oder nur in wenigen Wochen nach der jeweiligen Wahl? Wer legt dann fest, ab wann wieder Wahlkampf ist?
Es ist Ihr gutes Recht, die Einladung auszuschlagen, das kann ja jeder für sich entscheiden. Und wenn Ihnen außer den drei genannten Punkten sonst nichts weiter auf den Nägeln brennt, gibt es bestimmt Leute, die dankbar für den freien Platz auf der Versammlung sind, um wirklich wichtige Themen zu besprechen.